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Steinzeitdemokratie: Österreichische Bundespräsidentenwahl 2022

Autorenbild: Thomas EdtmeierThomas Edtmeier

Es mutet – vorsichtig formuliert – doch einigermaßen verstaubt und keineswegs mehr zeitgemäß an, wenn man sich das österreichische Verfahren rund um die Unterstützungserklärungen für Kandidaten zur Bundespräsidentenwahl ansieht.



Zur Erklärung: Um als Bundespräsidentschaftskandidat am 9. Oktober auf dem Wahlzettel angeführt zu sein, müssen mindestens 6.000 Unterstützungserklärungen von in Österreich Wahlberechtigten gesammelt werden. So weit, so gut.


„Das kann ich im Jahre 2022 doch sicher unkompliziert und digital mit Handy-Signatur oder Bürgerkarte online machen“, fragen Sie?


LEIDER NEIN! Die großartige „Digitalisierungsoffensive“ der Österreichischen Bundesregierung und die geltende Gesetzeslage sehen nämlich noch immer folgenden analogen Vorgang vor:


  • Downloaden und Ausdrucken der Unterstützungserklärungen, die auf den Webseiten der Kandidaten zur Verfügung gestellt werden. (z.B. www.tassilowallentin.at)

  • Dann füllen Sie Name, Adresse und Geburtsdatum aus. Aber Achtung! Unterschreiben dürfen Sie noch nicht.

  • Dazu begeben Sie sich PERSÖNLICH zur Wahlbehörde Ihres Bezirks, Ihrer Stadt bzw. Ihrer Heimatgemeinde und unterschreiben unter Aufsicht des Beamten und der Vorlage eines Lichtbildausweises Ihre Unterstützungserklärung.

  • Am Amt wird Ihnen dann mit einem guten alten Stempel bestätigt, dass Sie aktuell in der Wählerevidenz geführt werden und somit wahlberechtigt sind.

  • Das war’s aus Sicht des Gesetzgebers? Ebenso nein! Jetzt besorgen Sie sich noch eine Briefmarke und ein Kuvert, adressieren dieses (z.B. an Dr. Tassilo Wallentin, Gonzagagasse 14/10, 1010 Wien) und schicken es ab, damit Ihre Unterstützungserklärung rechtzeitig bis zum 31. August bei Ihrem Wunschkandidaten einlangt.


Selbst das Sammeln von Unterschriften an frequentierten Orten im Beisein eines Notars, um die Unterstützungserklärungen vom Amt quasi en bloc bestätigen zu lassen, wird vom Innenministerium als nicht zulässig angesehen. Das könnte ja im schlimmsten Falle dazu führen, es den Bürgerinnen und Bürgern zu erleichtern, ein Anliegen durch- und umzusetzen.


Umso mehr muss man all jenen aufrichtig danken, die obengenannten (unnötig) komplizierten Weg auf sich nehmen, um ihren Wunschkandidaten zu unterstützen und für mehr Wahlmöglichkeiten und somit Demokratie in unserem Land beizutragen.


Doch so bleibt man selbst im Jahr 2022 dabei, die Hürden für eine derartige Kandidatur in Österreich möglichst hoch zu halten, damit wichtige unabhängige Alternativen abseits von parteiunterstützten Systemkandidaten nur geringe Chancen haben, das demokratische Spektrum in unserem Land zu bereichern.


Hat irgendwas von Steinzeitdemokratie, meinen Sie nicht?


Edtmeier Ende!

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